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Human Factor – Human Error? Menschliche Fehlentscheidungen können gravierende Auswirkungen haben. Um menschliche Fehler zu minimieren, wurde um den Faktor Mensch herum das Crew Resource Management entwickelt. Durchaus eine Revolution, auch in der Ausbildung von Teamwork. Und Vorreiter für viele Branchen!
Um Flugabläufe möglichst reibungslos sicherzustellen, hat die Luftfahrt aus dem vormaligen „Cockpit Resource Management“ heraus das „Crew Resource Management“ weiterentwickelt. Um über spezielle Schulungen eben die menschlichen Fehlerquellen zu reduzieren und Rollengefüge zu reflektieren.
Ein Ausgangspunkt: Sicherheitsrelevante Vorfälle basieren großteils auf Verknüpfungen. Kombinationen von: menschlichen Arbeitsfehlern, dem sozialen Klima innerhalb der Crew (Stichwort: Kabinenhierarchie), technischen Defekten und operationellen Problemen. Ein weiteres Stichwort zu einem solchen Zusammenwirken hier sicherlich: die zunehmend höhere Automatisierung und damit einhergehend eine zunehmende Systemkomplexität, denn mit an Bord sind neue Intelligenzen, intelligente Steuerungscomputer.
Eine aktuelle Analogie: Die Problematik mit dem Steuerungsprogramm MCAS der Boeing 737 Max. Daher forderten jetzt im September Pilotenvertretungen Änderungen an den Cockpit-Prozeduren, eine neue Checkliste und präzisere Hinweise für das Verhalten bei einer fehlerhaften Warnung vor einem Strömungsabriss.
Einen Mittelpunkt dieser Schulungen macht das Fehlermanagement aus. Es kommen Simulationen zum Einsatz, z. B. in sogenannten Mock-ups (hier wird die Kabine mit Cockpit am Boden stehend simuliert). Es geht beim CRM ausdrücklich um nicht-technische Skills (NOTECHS). Es geht um Teamwork und Situational Awareness, um Entscheidungsfindung und Arbeitseffizienz, Stressvermeidung und Sicherheit, um Ausschluss von Missverständnissen, um Kommunikation und Koordination untereinander – auch zwischen Cockpit und Kabine.
Diese Crew Resource Management-Übungen haben sich so etabliert, dass sie als Aus- und Fortbildungsmaßnahmen auch in High-Reliability-Bereichen und Hochrisiko-Organisationen eingeführt wurden., unter anderem im Medizinwesen oder der Seefahrt. Die Luftfahrt fungierte quasi auch als Avantgarde, um Einstellungswandel zu trainieren und um Ereignisketten zu optimieren. Denn nahezu alle Elemente des CRM-Arbeitsmodells können Gültigkeit für andere Organisationen und Unternehmen aufweisen (aber ohne den Anspruch, als Königsweg aufzutreten).
Die tragische, traurige Geburtsstunde des CRMs schlug schon vor einem halben Jahrhundert. Mit der Zunahme des Luftverkehrs in den Sechziger- und Siebzigerjahren stieg auch die Anzahl der Flugunfälle signifikant. Verursacht letztlich meist durch menschliches Versagen:
Genannt seien hier der Absturz des Eastern Air Line-Fluges 401 im Dezember 1972 oder die Flugzeugkatastrophe von Teneriffa 1977. Es kristallisierte sich für die Unfalluntersucher immer mehr heraus, dass die Ursachen weniger in korrekten technischen und fliegerischen Fähigkeiten lagen, sondern in mangelndem Teamwork. Im Faktor Mensch. Menschliches Verhalten, das – verstanden und nachvollzogen – geschult und verbessert werden sollte.
So wurde 1979 eine Konferenz der NASA und der Luftfahrtindustrie einberufen. Professor R. L. Helmreich der Universität Texas gilt dabei als einer der Urväter und Pionier des CRMs. Ein CRM, dessen Inhalte entworfen sind …
… für das Wissen, die Fertigkeiten und Motive, die mit kognitiven Prozessen und interpersonalen Beziehungen zusammenhängen.
Professor R. L. Helmreich der Universität Texas
Das CRM-Training ist (wie schon in den damaligen Betriebsvorschriften JAR-OPS festgelegt) nach der EASA (Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit) für Flugzeugbesatzungen verbindlich und regelmäßig zu wiederholen. CRM-Schulungsinhalte sind auch verpflichtend für Piloten und Flugbegleiter, die der Bundesluftfahrtbehörde der Vereinigten Staaten unterstellt sind.
Dabei gibt es keine ganz einheitlich angewandte Methode für die Durchführung der Trainingseinheiten. Airlines, auch kulturell und sicherheitskulturell bedingt, richten ihre Schulungen oft flottenspezifisch aus. Die Philosophie, die Prinzipien der jeweiligen Flugbetriebe finden darin Ausdruck. Dabei hat aber jedes dieser geschlossenen CRM-Konzepte gleiche Kernelemente.
Haben alle Mitglieder eines Teams die gleichen CRM-Trainings durchlaufen, ergibt sich zusammen mit den Standard Operating Procedures (SOPs) eine koordiniertere Kooperationsbasis. SOPs sind dabei oft Checklisten, die sowohl Piloten als auch Flugbegleiter benutzen.
Hier zwei Anwendungs-Beispiele, um eine CRM-Umsetzung anschaulicher zu machen:
Mit der Einführung von Crew Resource Management-Trainings wurde von Mitarbeitern des DLR-Department of Aviation and Space Psychology und der Lufthansa „FOR-DEC“ entwickelt. Ein Entscheidungsfindungsmodell, in dem alle Luftfahrt-Interaktionspartner in Stresssituationen gemeinsam reagieren können. Nach einem Schema: Facts-Options-Risks and Benefits – Decision-Execution-Check.
Trainings haben dabei die Anforderungen der EASA Air Ops (englisch) zu erfüllen. Zum Beispiel das Angebot der Lufthansa Aviation Training – eines der führenden Unternehmen im Segment Flight Training – beinhaltet Trainings-Module wie „Human Factors Training“. Darin impliziert: CRM-Einheiten. Die Crews müssen periodisch sogenannte „Recurrent“-Schulungen absolvieren.
Für die Wichtigkeit des Crew Resource Managements spricht, wie es sich in weiteren Versionen auf komplexe Anwendungsgebiete in HRO-Organisationen erstreckt hat: in den Bereich Medizin als „Anesthesia Crisis Resource Management“ , in den Bereich der Seefahrt als „Bridge Resource Management“, in die Berufsfeuerwehr („Team Resource Management“) und in die Offshore Öl-Industrie. Auch wenn es zuerst um Teamwork geht, reicht CRM sogar in die Ausbildung von Ein-Mann-Besatzungen, das „Single-Pilot Crew Resource Management“. CRM wird ständig und branchenübergreifend weiterentwickelt.
Mensch-Maschine-Systeme im Flugzeug sind von vornherein eines der Oberthemen im CRM. Beide, Menschen und Maschinen, haben ihre Stärken und Schwächen. Für ein Optimum an Effektivität stellte sich schon seit den Fünfzigerjahren in diesem Kontext diese Frage mit Hilfe der berühmten „Fitts-List“ (nach Paul Fitts): Worin sind Menschen besser als Maschinen, worin sind Maschinen besser als Menschen?
MABA: Sozusagen auf der Haben-Seite der Maschinen stand schon damals Genauigkeit und Berechnung, Multitasking und Widerstandsfähigkeit (auf andererseits menschliche Widerstandskraft, die „Resilienz“, kommen wir gleich). Auf der HABA-Seite indes stehen auch heute noch – bei aller zugenommenen Automation – Kreativität und Flexibilität. Und vor allem: Erfahrungswerte, die übertragen werden können auf jetzige Situationen.
Die Mensch-Maschine-Thematik reicht – bei besagter, ständig steigender Automatisierung und KI – natürlich immer weiter. Beispielsweise von der („noch“ von Menschen vorprogrammierten) Algorithmik des autonomen Fliegens. Bis hin zum andererseits pilotierten Flugtaxi. Zu kompensieren heißt es dabei immer sowohl menschliches Versagen als auch maschinelle Fehler.
In den Erkenntnissen der CRM-Forschung gehört der Resilienz zusehends mehr Augenmerk. Zu einer Verortung des Crew Resource Managements zählt jetzt stärker auch die Einbeziehung menschlicher Resilienz. Unsere Fähigkeit, schwierige Situationen ohne Beeinträchtigungen zu überstehen und Krisen zu meistern. Auch ein Human Factor. Und in der Entwicklung des Crew Resource Managements ein weiterer Fortschritt.
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